Die Gematrie – „Die Zahl ist das Wesen aller Dinge“
Wir haben bereits in den Artikeln „Der Rote Faden“ und die „Kabbala für den Menschen“ versucht etwas näher über die jüdische Mystik zu erfahren und ihre Basisideen zu betrachten. Es geht nun um die Fähigkeit „Ejn-Sof“, womit man in die umgebenden „Welten“, bzw. „weisen Wege“ unter einem besonderen Zustand des menschlichen Bewusstseins eindringen kann. Es sind nicht mehr und nicht weniger als 32 Welten.
Sie alle drücken sich in 10 Zahlen (von 0 bis 9) und in 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets aus; ihnen entspricht jeweils ein spezifischer Name G-ttes, eine Fähigkeit bzw. Hypostase. Genauso wie man mit den Zahlen alles errechnen kann, lässt sich auch mit den 22 Buchstaben mittels diesen „Wegen“ alles beschreiben; somit eröffnet sich das unausgesprochene G-ttliche in der von Ihm selbst erschaffenen Welt.
Selbstverständlich, gibt es zwischen den Zahlen und Buchstaben einen wesentlichen Unterschied: während die Zahlen das Wesen G-ttes in der objektiven Emanation (direkte Strahlen des g-ttlichen Lichts, die die Welt füllen) ausdrücken, so sind die Buchstaben subjektive Bestimmungen G-ttes (also widergespiegelte Strahlen, die in bestimmte Formen konvertiert wurden).
Das alles haben wir hier gebracht, um besser das Wesen der Gematrie zu verstehen; denn das ist eins der Mittel zum „Entdecken der verborgenen Bedeutung“ des Wortes, indem man es durch eine geistig äquivalente Zahl ersetzt.
Anders gesagt: da jeder Buchstabe des hebräischen Alphabets eine nummerische Bedeutung (Zahlensymbolik) hat (und unzertrennlich, auf hohem geistigen Niveau mit dieser verknüpft ist), lässt es sich mittels der Summierung der Zahlensymbolik den „Schlüssel“ zu dem finden, was mit höheren Kräften in das Wort selbst, oder sogar ganze Phrasen hineingegeben worden ist.
Wenn Wörter die gleiche nummerische Bedeutung aufzeigen, dann stellen Kabbalisten eine mystische Verbindung her, die die tatsächliche Bedeutung dieser Wörter aufdeckt, auch wenn auf den ersten Blick die Wörter nichts Gemeinsames zu haben scheinen. Zum Beispiel, das Wort
„הכסף", das Geld, das der König Artaxerxes Haman versprochen hat zu geben (Megilat Esther 3,11), wird zum Wort „העץ", dem „Galgen“ transformiert, auf dem er später erhängt wurde, da die beiden Wörter die gleiche Zahlensymbolik aufweisen, nämlich 165.
Wie man sieht, hat die Gematrie vieles gemeinsam mit der Zahlensymbolik, und wird zum ersten Mal in den Werken vom Rabbi Eliezer, Sohn von Rabbi Yossi Haglili erwähnt. Dort werden einige gematrische Zählbeispiele gebracht. So, z. B. Wird in der Tora (Abschnitt Lech Lecha 14:14) erzählt, dass Abraham mit 318 Menschen gegen vier Könige ankämpfte („Und Abraham hörte, dass sein Bruder war gefangen genommen, und er wappnete seine Männer, die in seinem Hause geboren, dreihundert achtzehn, und er verfolgte sie, bis zum Dan.“). Unsere Weisen sagen jedoch, dass Abraham nur seinen einzigen Sklaven Eliezer mitgenommen hatte (Talmud, Nedarim 32a). Wie lässt sich dieses Paradoxon erklären? Abhilfe schafft die Gematrie: die nummerische Summe der Buchstaben des Wortes Eliezer gleicht 318.
Manche Quellen besagen, dass die Gematrie sich ebenfalls mit dem Kombinieren der Buchstaben und mit dem „kabbalistischen Anagramm“ beschäftigt, allerdings wird dieses Vorgehen von der meisten führenden jüdischen Autorität in Frage gestellt; und hält diese Methode nicht für die „klassische“ Gematrie. Deshalb gehen wir nach der Mehrheit und widmen uns in weiteren Artikeln nur der nummerischen Gematrie.
Zum Schluss ist es noch wichtig hinzuzufügen, dass diese gematrische Vergleiche nur ein Mensch herstellen kann, der große Kenntnisse wie in der Kabbala, so auch in der Gematrie verfügt, mit der man sich nicht einfach aus Lust und Laune beschäftigen darf. In diesem Gebiet sollte man sich unbedingt nur mit fachkundigen Menschen einlassen.